Vermittlungsprojekt
«Wenn Jugendliche nun im Rahmen des Basel Composition Competition [eine:n Komponist:in] kennenlernen und ihnen ein Einblick in diesen ungewöhnlichen künstlerischen Lebenswandel gewährt wird, eröffnen sich ganz neue Sichtweisen auf die Entstehung, Wirkung und Absicht von «Neuer Musik»». (Nathalie Spörri-Müller, Musiklehrerin am Gymnasium Kirschgarten)
Spätestens bei den Wettbewerbskonzerten werden sie sichtbar: die zahlreichen Schülerinnen und Schüler aus den Gymnasien der Region, die sich im Rahmen des Basel Composition Competition eine Woche lang an die Fersen «ihrer» Komponist*innen heften und diese während ihres Gastspiels in Basel begleiten.
Der Basel Composition Competition leistet seit ihrer ersten Ausgabe umfassende Vermittlungsarbeit im Zusammenhang mit Neuer Musik. Die Vermittlungsarbeit des BCC ist als «Patenschaftsprojekt» organisiert: Allen nominierten Komponist*innen wird eine Schulklasse zugewiesen, die sich im Vorfeld des Festivals und intensiv während der Probe- und Konzertphase mit dem Werk auseinandersetzt.
Diese Form der Vermittlung schafft eine direkte Identifikation der Schülerinnen und Schüler mit ihrem Komponisten / ihrer Komponistin und ermöglicht so einen niederschwelligen Zugang zu Neuer und Neuster Musik auf einer ganz persönlichen Ebene. Für die begleitenden Lehrpersonen besteht zudem die Möglichkeit, während der Festivalwoche ein individuelles Programm zusammenzustellen, das gezielt auf den aktuellen Kenntnisstand der Klasse, deren Bedürfnisse und Pensum abgestimmt ist.
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Dank der grosszügigen Unterstützung von Stiftungen und Sponsoren besuchen die Schülerinnen und Schüler sämtliche BCC-Konzerte kostenlos – doch nicht nur Konzertbesuche, sondern eben auch zentrale Gespräche mit Musiker:innen, Probebesuche bei den Orchestern, Interviews mit dem Komponisten / der Komponistin sowie der Austausch mit anderen teilnehmenden Schulklassen werden durch das innovative Format der BCC-Vermittlungsarbeit ermöglicht und in Anspruch genommen. Für einmal werden nicht nur die Schülerinnen und Schüler an Konzerte eingeladen, sondern sie laden «ihre» Komponist:innen zu sich an die Schule ein, wo sich die Musikschaffenden den kritischen, witzigen und mitunter recht anspruchsvollen Fragen der Jugendlichen stellen.
An den Konzerten des BCC begegnen man schliesslich bestens vorbereiteten und informierten jungen Menschen im Publikum, die mit zu den aufmerksamsten Zuhörerinnen und Zuhörern gehören, mit «ihrem» Komponisten oder «ihrer» Komponistin mitfiebern und ihnen freudig zum Erfolg am Wettbewerb gratulieren.
Die Eindrücke der Festivalwoche und aller Begegnungen im Rahmen des Basel Composition Competition verarbeiten die teilnehmenden Schulklassen in Form einer Instagram-Story im Rahmen von Konzertberichten, grossformatigen Postern, einem Dokumentarfilm, Zeichnungen, Visualisierungen oder eines Podcasts.
Ein Festival wie der Basel Composition Competition bietet den Gymnasiastinnen und Gymnasiasten die einmalige Gelegenheit, eine Woche lang zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern vertieft in den Bereich «Neue Musik» einzutauchen und dabei die neuartigen, ungewohnten und spannenden Klänge zeitgenössischen Musikschaffens für einmal in ihrer ganzen Eindringlichkeit zu erleben, die eigenen Hörgewohnheiten zu hinterfragen und die persönliche Reflexion über Musik zu schärfen.
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«Vielen Schüler:innen ist nicht bewusst, dass man auch heutzutage Komponist:in von Beruf sein kann. Wenn Jugendliche nun im Rahmen des Basel Composition Competition eine/n solche/n kennenlernen und ihnen ein Einblick in diesen ungewöhnlichen künstlerischen Lebenswandel gewährt wird, eröffnen sich ganz neue Sichtweisen auf die Entstehung, Wirkung und Absicht von «Neuer Musik». Auch der zeitgenössische (und dennoch rein analoge!) Umgang mit Instrumenten aller Art ist für die meisten Schüler:innen ungewohnt, genauso wie deren Notation. – Wie liest man eigentlich ein Werk, das sich auf keinerlei Aufnahme anhören lässt…?»
Nathalie Spörri-Müller, Musiklehrerin am Gymnasium Kirschgarten
«Junge Menschen auf ‹Neue Musik›, bzw. ‹Contemporary Music› neugierig zu machen, empfand ich im Schulzimmer immer ein bisschen trocken. Deshalb war ich sehr froh, als ich die Gelegenheit bekam, einen zeitgenössischen Komponisten einzuladen. Und plötzlich steht da ein Mensch aus Fleisch und Blut im Zimmer! Er bringt sein Feuer mit, seine komischen Ideen. Wir begleiten ihn an seinen Wettkampf. Wir fiebern mit ihm. Und am Schluss sind wir glücklich mit ihm oder auch enttäuscht. Aber ich sehe es meinen Schüler:innen an: Diese Erfahrung mit Neuer Musik ist für sie nicht nur ‹Schule› – sie wird ein kleiner Teil ihres Lebens bleiben. Was will man mehr als Musiklehrer?»
Martin Metzger, Musiklehrer am Gymnasium Bäumlihof
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Im Vorfeld des Basel Composition Competition:
- Kontakt zwischen Lehrperson/Schulklasse und Komponist:in
- erstes Kennenlernen des Werks (alle Schulklassen erhalten kostenfrei Studienpartituren)Während der Festivalwoche (Probephase):
- Besuch des Komponisten / der Komponistin bei der Schulklasse
- Probenbesuch der Schulklasse
- Gespräche mit Musiker:innen des Orchesters sind nach Absprache möglichKonzerte während der Festivalwoche:
- Jede Schulklasse besucht das Festivalkonzert «ihres» Komponisten / «ihrer» Komponistin
- Die Schulklasse nimmt – in Absprache mit ihrer Lehrperson – am Finale und der Preisverleihung teil.Nach dem Basel Composition Competition:
Die Schülerinnen und Schüler verarbeiten ihre Eindrücke in Form eines Konzertberichts, eines Posters, einer (Video-)Dokumentation, usw.
Rückblicke
2025
2023
2021
Aufgrund von COVID-19 konnte das Schulprojekt im Jahr 2021 nur bedingt stattfinden.
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Im Jahr 2021 war – auch bei der BCC – alles anders. Schon in der Vorbereitung des Schulklassen-Projekts zeigten sich grosse Unterschiede zu den früheren Ausgaben: Im Sommer 2020 meldeten die Lehrpersonen der Region Basel ihre Klassen trotz grossem Interesse am inzwischen schon etablierten Wettbewerb eher zögerlich an; zu ungewiss schien die Lage nach den Sommerferien. Gerade an den Schulen machte sich in den ersten Wochen des neuen Schuljahrs eine Unsicherheit breit – je nach Schulleitung waren an gewissen Schulen Spezialprojekte möglich, während andere Schulen Exkursionen und klassenübergreifende Aktivitäten kurzerhand untersagten. Gleichzeitig verspürten wohl etliche Lehrpersonen (und auch ihre Schülerinnen und Schüler) das grosse Bedürfnis, mit Live-Musik und den Menschen hinter ihr in Berührung zu treten – und so gelang es bis Ende Jahr doch noch, elf Schulklassen zu zu finden, die jeweils einem teilnehmenden Komponisten zugewiesen wurden. Der Wunsch, diesmal auch Klassen aus dem Dreiland mit an Bord zu haben, ist leider unerfüllt geblieben; in Zeiten einer Pandemie lassen sich niederschwellige grenzübergreifende Aktivitäten leider kaum realisieren.
Hingegen meldeten sich wiederum drei Klassen aus dem Kanton Aargau an, nachdem schon 2017 eine Klasse aus dem Kanton mit von der Partie gewesen war. Da die drei Klassen Anfang 2021 in den Fernunterricht verbannt wurden, musste die Lehrerin der Klassen die Anmeldung leider kurzfristig zurückziehen. Auch sonst galt es stets flexibel auf die (gerade an den Schulen) zum Teil wöchentlich (!) neuen Massnahmen und Vorschriften zu reagieren; während für gewisse Schulen Exkursionen (wie beispielsweise Proben- und Konzertbesuche) erlaubt gewesen wären, mussten andere Lehrpersonen gänzlich auf derartige Aktivitäten verzichten. Hinzu kamen die Schutzkonzepte des Veranstaltungsorts sowie die Konzepte der teilnehmenden Orchester, die berücksichtigt werden mussten. Um alle Schulklassen gleich zu behandeln und eine einheitliche Entscheidungsgrundlage für die Lehrpersonen zu schaffen, wurde in Absprache mit der Projektleitung grundsätzlich auf Probe- und Konzertbesuche verzichtet.
Natürlich ist es ausserordentlich schade, wenn die Jugendlichen den Uraufführungen der behandelten Kompositionen nicht live beiwohnen können; gerade in PandemieZeiten wären ein Konzertbesuch und ein direkter Kontakt zu den ausführenden Musikerinnen und Musikerinnen umso wertvoller gewesen. Leider mussten die Schüler*innen die Konzerte via Stream und/oder Tonaufnahmen verfolgen – aber immerhin! Was hingegen stattfinden konnte, waren die Besuche der Komponisten bei den Schulklassen vor Ort. Einige hatten schon vor ihrer Anreise mit «ihren» Klassen Kontakt, beispielsweise über Microsoft Teams oder Zoom. Doch die allermeisten konnten auch während des Festivals in Basel einen Besuch an der Schule unterbringen. Die Rückmeldungen der Lehrpersonen und auch der Komponisten fielen durchwegs positiv aus: Gerade in Zeiten mit extrem reduziertem direktem persönlichen Kontakt wurden diese Live-Begegnungen, die Gespräche und Fragerunden besonders geschätzt. Es ist eindeutig, dass bei den Jugendlichen dadurch noch verstärkt eine Identifikation mit «ihrem» Komponisten (und dadurch auch mit Neuer Musik im Allgemeinen) entsteht, was seit der ersten Ausgabe der Basel Composition Competition ein Hauptanliegen der Initianten gewesen ist.
Im Laufe der Wettbewerbswoche im März erreichten mich immer wieder spannende Einblicke aus den Schulklassen: Im Rahmen der Komponistenbesuche wurden anregende Gespräche geführt, doch die Schülerinnen und Schüler traten teilweise auch selbst musizierend in Erscheinung: beispielsweise durch eigene Neuvertonungen der Kompositionen. Die Lehrpersonen hatten sich schon im Vorfeld aufwändig in die jeweiligen Werke eingearbeitet und diese zusammen mit ihren Klassen betrachtet und erforscht. Hierbei waren die digitalen und auf Wunsch auch gedruckten Partituren hilfreich, die kostenfrei in ausreichender Anzahl an die Schulen geschickt wurden. Im Nachgang der BCC-Woche entstanden aufschlussreiche Interviews, Schlussberichte, Videos oder Tonaufnahmen, in denen die Jugendlichen die Begegnung mit ihrem Komponisten dargestellt haben.
Zugegebenermassen entfielen coronabedingt einige geplante Aktivitäten: so zum Beispiel die 2019 eingeführten moderierten Diskussionsrunden zwischen Schulklassen nach den Konzerten. Das Mitfiebern während der Konzerte wird natürlich durch ein Streaming nicht gleichermassen hervorgerufen wie beim Besuch vor Ort. Und doch haben mir Lehrpersonen zurückgemeldet, dass die Schüler*innen in das Wettbewerbsfieber eingetaucht seien und die Möglichkeit an einem nicht alltäglichen ausserschulischen Anlass teilzunehmen ausgesprochen geschätzt hätten. Selbst zu Corona-Zeiten bietet ein Festival wie die Basel Composition Competition den Jugendlichen eine einmalige Gelegenheit, zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern vertieft in den Bereich «Neue Musik» einzutauchen. Für einmal ist es möglich, innert kurzer Zeit Jugendlichen die neuartigen, ungewohnten und vielfältigen Klänge zeitgenössischen Musikschaffens in ihrer ganzen Eindringlichkeit zu vermitteln, auf diese Weise die eigenen Hörgewohnheiten zu hinterfragen und die Reflexion über Musik zu schärfen. Es freut mich ausgesprochen, dass sich das Schulklassen-Projekt nach der 3. Ausgabe der Basel Composition Competition als fester Bestandteil des Wettbewerbs etabliert hat und zunehmend in der Wahrnehmung Basler Musiklehrpersonen verankert ist. Einige Lehrpersonen haben bereits zum dritten Mal teilgenommen und signalisiert, dass sie auch zukünftig wiederum gerne mit ihren Klassen mitwirken werden – im Jahr 2023 dann hoffentlich wieder «analog»: live, vor Ort und in direktem Kontakt mit den Musikschaffenden.
Beat Kunz, Koordinator Schulklassen-Projekt BCC 2021